Februarrevolution 1917: Für Land, Frieden und Brot 1. März 2022 – Gepostet in: Aktuelles, Russische Revolution – Schlagworte: , , , ,

Vor fast 105 Jahren, am 8. März unserer Zeitrechnung, dem internationalen Frauentag, begann die Februarrevolution, die den russischen Zaren stürzen und die Entwicklungen einleiten sollte, die acht Monate später zur Oktoberrevolution führen sollten.

Die Februarrevolution war ausgelöst durch die Folgen des Krieges, in dem nicht nur die Söhne armer Familien an der Front starben, sondern die Menschen im Land Hunger litten. Wie schon 1905 spitzte das Kriegstreiben des russischen Zarenreiches die Situation bis zu einer revolutionären Erhebung zu.

Leo Trotzki schrieb dazu in seiner „Geschichte der Russischen Revolution“ im ersten Band, der der Februarrevolution gewidmet ist:

„Die Tatsache bleibt also bestehen, daß die Februarrevolution von unten begann nach Überwindung der Widerstände der eigenen revolutionären Organisationen, wobei die Initiative von dem am meisten unterdrückten und unterjochten Teil des Proletariats, den Textilarbeiterinnen, unter denen, wie man sich denken kann, nicht wenig Soldatenfrauen waren, spontan ergriffen wurde. Den letzten Anstoß gaben die immer länger werdenden Brotschlangen. Ungefähr 90.000 Arbeiterinnen und Arbeiter streikten an diesem Tage. Die Kampfstimmung entlud sich in Demonstrationen, Versammlungen und Zusammenstößen mit der Polizei. Die Bewegung entwickelte sich im Wyborger Bezirk mit seinen großen Betrieben, von wo sie auf die Petersburger Seite übersprang. In den übrigen Stadtteilen gab es nach dem Zeugnis der Ochrana keine Streiks und keine Demonstrationen. An diesem Tage zog man bereits Truppenteile, wenn auch in geringer Zahl, zur Unterstützung der Polizei heran, es kam aber nicht zu Zusammenstößen mit ihnen. Eine große Menge Frauen, und zwar nicht nur Arbeiterinnen, zog zur Stadtduma mit der Forderung nach Brot. Das war dasselbe, wie von einem Bock Milch zu verlangen. Es tauchten in verschiedenen Stadtteilen rote Banner auf, deren Aufschriften besagten, daß die Werktätigen Brot wollen, aber nicht mehr das Selbstherrschertum und den Krieg. Der Frauentag verlief erfolgreich, mit Schwung und ohne Opfer. Was er aber in sich barg, das ahnte am Abend noch niemand.

Am nächsten Tage flaut die Bewegung nicht nur nicht ab, sondern wächst enorm an. Etwa die Hälfte der Industriearbeiter Petrograds streikt am 24. Februar. Die Arbeiter erscheinen morgens in den Betrieben, gehen jedoch nicht an die Arbeit, sondern veranstalten Versammlungen und bilden Züge, die in das Stadtzentrum marschieren. Neue Stadtbezirke und neue Gruppen der Bevölkerung werden in die Bewegung einbezogen. Die Parole »Brot« wird verdrängt und überdeckt von den Parolen »Nieder mit dem Selbstherrschertum«, »Nieder mit dem Krieg.« Ununterbrochene Demonstrationen auf dem Newski-Prospekt: Zuerst kompakte Arbeitermassen, revolutionäre Lieder singend, später erscheint die bunte städtische Menge, in ihr die blauen Mützen der Studenten. »Das spazierende Publikum benahm sich uns gegenüber wohlwollend, aus einigen Lazaretten winkten uns Soldaten zu.« Ob sich viele klar darüber waren, was das mit den demonstrierenden Arbeitern sympathisierende Zuwinken der kranken Soldaten in sich barg? Allerdings attackierten die Kosaken die Menge ununterbrochen, wenn auch nicht erbittert; ihre Pferde waren schaumbedeckt; die Demonstranten wichen auseinander, schlossen sich jedoch gleich wieder zusammen. Angst herrschte in der Menge nicht. »Die Kosaken versprechen, nicht zu schießen«, ging es von Mund zu Mund. Offenbar ließen die Arbeiter sich mit einzelnen Kosaken in Gespräche ein. Später aber tauchten schimpfend halbbetrunkene Dragoner auf, ritten in die Menge hinein und schlugen mit den Lanzen auf die Köpfe. Die Demonstranten hielten mit aller Kraft stand, ohne auseinanderzulaufen. »Man wird nicht schießen.« Man schoß tatsächlich nicht.“

Das ganze Werk gibt es hier: https://manifest-buecher.de/produkt/die-geschichte-der-russischen-revolution/